Eigentlich wollte ich nur ein paar Punkte niederschreiben, um an meinem Lebensabend in meinem Kopf ein bisschen Ordnung zu schaffen. Auch wollte ich für meine beiden Söhne ein paar konkrete Fakten über mein Leben hinterlassen. So fing ich drei Jahre nach dem Tod meiner geliebten Ehefrau Elfriede damit an, ein bisschen zu schreiben. Bald aber merkte ich, dass mehr dahinter steckte, als mir anfangs bewusst gewesen war. An dieser Erkenntnis war besonders mein ältester Sohn „schuld“, der immer wieder nach vergessen geglaubten Erlebnissen bohrte. Denn wie viele andere aus meiner Generation habe ich es erst in einem hohen Alter geschafft, mich der Vergangenheit - und in diesem Zusammenhang besonders den Geschehnissen während des Zweiten Weltkrieges - innerlich zu stellen. Man hat ja geglaubt, alles Böse vergessen und immer nach vorne schauen zu müssen. Und darin hat Elfriede mich unterstützt. Sie lebte im Jetzt. Sie genoss jeden Augenblick der Freiheit und die vielen Annehmlichkeiten, die das Leben nach dem Wirtschaftswunder uns allen bescherte und die es in den Zeiten der Entbehrung nie gegeben hat. Auch hatte Elfriede das Gefühl, so wie Lots Ehefrau zur Salzsäule erstarren zu müssen, wollte sie in das Flammenmeer der Vergangenheit blicken. Wie ich aber inzwischen gelernt habe, wollen manche Dinge psychisch verarbeitet und sozusagen verdaut werden, weil die Traumata der Vergangenheit sonst unauslöschlich in den Tiefen der Seele eingebrannt verbleiben.
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